Das Komitee zur Verhütung des Krebses
Im Herbst 1956 erhielt ich von der Westberliner Krankenversicherungsanstalt KVA – wo man auf meine populärwissenschaftlichen Zeitungsartikel aufmerksam geworden war – eine Einladung zu einer in Westberlin stattfindenden Veranstaltung über die Gefahren des Rauchens, verbunden mit der Bitte, anschließend für das „KVA Gesundheitsblatt“ einen Artikel darüber zu schreiben, gegen Honorar natürlich: Mein erstes selbstverdientes Westgeld! Ich erinnere nicht mehr, was mich mehr reizte, die angekündigten Referenten – den New Yorker Krebsforscher Ernst L. Wynder und den Dresdener Internisten Fritz Lickint – zu hören oder das angebotene Westgeld.
Im Januar 1957 erschien mein Bericht im KVA Gesundheitsblatt.


Die beiden Experten hatten mich überzeugt. Ich war zwar noch ein starker Raucher. Ich war natürlich auch schon vorher auf die Gefahren des Rauchens hingewiesen worden. Schon damals war man als Jugendlicher für solche Argumente nicht sehr empfänglich. Müssen wir nicht ohnehin irgendwann mal sterben? Und ob nun an Lungenkrebs, Herzinfarkt oder Altersschwäche – ist doch egal. Daß man durchs Inhalieren des Tabakrauches auch das Erbgut schädigt und damit die Nachkommen gefährdet, war zu jener Zeit noch überhaupt kein Thema. Die fast gleich große Schädlichkeit des Nebenstromrauches schon garnicht.
Ich rauchte jedenfalls ziemlich intensiv, in Hoch-Zeiten zwei 20er Päckchen pro Tag, und unterbrochen von gelegentlichen, aber fast immer nur wenige Tage währenden Versuchen, mir dieses Laster abzugewöhnen. Richtig süchtig war ich; wenn ich abends am Schreibtisch den Zigarettenvorrat aufgeraucht hatte ging ich, selbst wenn es noch so spät war, gelegentlich auch längere Strecken, um noch irgendwo Glimmstengel aufzutreiben. Und selbst während Erkältungen, wenn selbst aromatischste Zigaretten nicht schmecken, machte ich zwar „die Lulle“ nach ein paar Zügen wieder aus – um mir wenige Minuten später wieder die nächste anzustecken.
Im Institut rauchten damals auch die meisten, einschließlich des Chefs, Prof. Arnold Graffi. Das Wissen um die potentielle Gefahr wurde kollektiv verdrängt.
Die Vorträge der beiden Experten veranlassten mich zwar nicht, unverzüglich auf das Rauchen zu verzichten, regten mich aber dazu an, auch andere Menschen über die Gefahren des Rauchens aufzuklären, nicht nur über den von der Krankenkasse bestellten und dann im Januar 1957 erschienenen Artikel. Zum einen begann ich mehrere Texte über das Thema zu schreiben, unter anderem für die „Berliner Zeitung“ unter der Überschrift: „Die gefährliche Zigarette. Statistisch belegt: Verheerende Ausdehnung des Lungenkrebses“ (27.9.1956) und für das „Neue Deutschland“ („Eine teuer bezahlte Leidenschaft“, 21.10.1956).

Beide Artikel lösten sogar einen gewissen Schneeballeffekt aus, in dem sie auszugsweise in verschiedenen Betriebszeitungen nachgedruckt und dort auch in Leserbriefen diskutiert wurden.
Die Betriebszeitung „Der Schützen“ des VEB Weberei Mittweida veröffentlichte daraufhin im November einen Artikel über „Glimmendes Gift“, der die meisten Argumente und Zitate aus meinen Zeitungsbeiträgen enthielt, und der einen Monat später vom „Kupolofen“, der Betriebszeitung des VEB Stahlwerk Karl-Marx-Stadt-Borna nachgedruckt wurde. Außerdem hatte er zahlreiche Leserbriefe zur Folge: Georg Buschmann von der Technischen Leitung der Mittweidaer Weberei beispielsweise schlug darin vor, den Zigarettenrauchern einen Ersatz zur Verfügung zu stellen „Könnte die Produktion von Kaugummi in der DDR nicht aufgenommen werden?“ Die Redaktion des „Schützen“ versprach, sich bei den Außenhandelsorganen darum zu kümmern, denn dazu müssten die Säfte des Gummibaumes importiert werden.

Selbst im „Berliner Rundfunk“ konnte ich in diesen Tagen zwei 15minütige Vorträge über „Kein Genuss ohne Reue“ halten, im zweiten davon auch mit Antworten auf im Funkhaus eingegangene Hörerfragen. Unter anderem nahm ich dabei die – inzwischen auch von Prof. Lickint geäußerte – Anregung auf, die zuständigen staatlichen Stellen sollten prüfen, ob man nicht bei uns die Produktion von Kaugummi aufnehmen könne.
Aber ich ahnte, dass ich als kleiner Diplom-Biologe als einsamer Rufer wenig erreichen konnte, selbst wenn ich mich dabei so viel gelesener Blätter wie Berliner Zeitung und Neues Deutschland oder des Rundfunks bedienen konnte und selbst wenn ich in meinen Beiträgen noch so viele Koryphäen zitierte. Weder die Heerscharen der Raucher könnte ich damit beeindrucken noch die zuständigen Behörden. Vielleicht könnte man mehr erreichen, wenn man eine ganze Schar von Gelehrten aufmarschieren und Überzeugungsarbeit vollbringen ließe? Ich konsultierte mich mit meinem Chef Arnold Graffi und dem Direktor der Bucher Geschwulstklinik, Prof. Dr. Hans Gummel. Beide fanden meine Idee nicht schlecht.
Also schrieb ich im November 1956 an Professor Lickint, den ich bei der Veranstaltung in Westberlin kennengelernt hatte. Aus der Literatur kannte ich ihn schon länger: Lickint war der deutsche Experte auf diesem Gebiet, über das er schon seit den 1920er Jahren publiziert hatte, als Krönung 1953 das Standardwerk „Ätiologie und Prophylaxe des Lungenkrebses“. Ich fragte ihn – unter Berufung auf Graffi und Gummel – ob man nicht „ein Gremium führender Spezialisten unter Ihrem Vorsitz“ bilden könne, „das dann als autoritatives Organ die ganze Lungenkrebsprophylaxe koordinieren und lenken kann, und auch dem verantwortlichen staatlichen Gremien gegenüber mit dem nötigen Gewicht aufzutreten in der Lage ist“. Lickint war sofort einverstanden und bat mich, als Sekretär dieses „Komitees zur Verhütung des Krebses“ die nötige organisatorische Arbeit zu übernehmen. Nichts tat ich lieber als das, und mein Chef war auch einverstanden und bot mir auch an, mich bei diesen Aktivitäten der Unterstützung durch sein Sekretariat zu bedienen. Das war und blieb die einzige Unterstützung, die wir bekamen, Partei- und Staatsapparat hielten sich 'raus, ließen uns aber immerhin gewähren.
Am 16. März 1957 trafen sich fast dreißig Professoren, dazu Vertreter von Gesundheits- und Volksbildung sowie gesellschaftlicher Organisationen und der Präsident des Deutschen Roten Kreuzes der DDR zur Gründungsversammlung des Komitees. Bei dieser Gelegenheit wurde gleich beschlossen, dass man sich nicht nur auf den Lungenkrebs und seine Prophylaxe beschränken wolle, sondern auch all jene Krebslokalisationen in die Arbeit einbeziehen, die sich vermutlich oder gar nachweislich auf äußere Einwirkungen (mit) zurückführen ließen.

Einleitung eines längeren Beitrages in der Zeitschrift xxxxx vom xxxxx
Unsere wichtigste Zielgruppe waren natürlich die Jugendlichen. Deshalb waren wir traurig darüber, dass die Vertreter des Zentralrats der „Freien Deutschen Jugend“ an unserer Arbeit zunächst so gut wie kein Interesse zeigten. Wir überzeugten die deshalb, im Februar 1958 mit uns eine gemeinsame Beratung durchzuführen. Wir machten den Jugendfreunden eine Reihe von Vorschlägen, beispielsweise, im Gebäude des Zentralrates nicht mehr zu rauchen, auf Veranstaltungen der FDJ auch nicht wie auch in den Jugendherbergen.
Damit stießen wir auf geteilte Meinung. Einige begrüßten unsere Anregungen, andere wandten sich gegen die Durchsetzung administrativer Maßnahmen. Als gerade dieses Gegenargument überhaupt nicht mehr aus der Diskussion weichen wollte stellte unser Mitglied Professor Redetzki, Verdienter Arzt des Volkes und Rektor der Akademie für Sozialhygiene, Arbeitshygiene und ärztliche Fortbildung klar, dass in Fragen der Sauberkeit, der Hygiene, der Gesundheit und der Ordnung eine derartige Argumentation fehl am Platze sei. Passiert ist dann allerdings so gut wie nichts.
Wir nahmen auch bald Kontakt auf zum (West-)Deutschen Zentralausschuß für Krebsbekämpfung und Krebsforschung (aus dem 1970 die Deutsche Krebsgesellschaft hervorging), dessen Präsident Prof. Dr. Heinrich Martius Lickint und mich zweimal zu gemeinsamen Beratungen nach Göttingen einlud. Aber nach meiner Erinnerung brachten diese Reisen für die Arbeit unseres Komitees – von den angenehmen Seiten solcher Einladungen, einschließlich von abendlichen Ausflügen in die Harzer Jagdhütte des Gastgebers – wenig. „Nach meiner Erinnerung“ bedeutet, dass mir leider kaum noch Dokumente zur Arbeit unseres Komitees zur Verfügung stehen. Nach Lickints frühem Tod wurde Gummels Mitarbeiter, der Bucher Pathologe Gustav Wildner 1960 Vorsitzender des Komitees. Der ist auch verstorben, hatte aber auch schon zu Lebzeiten, nach der Wende, keine Ahnung, wo unsere Unterlagen seinerzeit abgeblieben sind. Allzu viel werden es nicht gewesen sein, denn unser Expertenkreis hauchte bald danach endgültig sein schwachbrüstiges Leben aus, ohne sonderlich nachhaltige Spuren zu hinterlassen.
Das lag unter anderem daran, dass wir nicht nur bei den Jugendfreunden von der FDJ kaum Unterstützung bekamen, sondern auch von dem eigentlich für uns zuständigen Staatsorgan, dem Ministerium für Gesundheitswesen. Die einzige öffentlich bekannt gewordene Reaktion von dort war meines Wissens, dass der Gesundheitsminister Luitpold Steidle Anfang 1958 in einem Interview mit der „Neuen Berliner Illustrierten“ erklärte, er habe jahrzehntelang mehr oder weniger stark geraucht. „Als nun in diesem Frühjahr das Komitee zur Verhütung und Bekämpfung des Krebses unter Vorsitz von Professor Lickint gegründet wurde, entschloß ich mich kurzerhand, das Rauchen endgültig aufzugeben“ – es sei ihm am Anfang allerdings nicht ganz leicht gefallen.
Allerdings schränkte der Minister ein, der Staat könne und wolle hier nicht eingreifen und unterschied sich insofern kaum von den heutigen Mehrheitspositionen in Deutschland. Die Raucher selbst sollten Rücksicht auf ihre Gesundheit und die ihrer Mitmenschen nehmen und „in Gaststätten müsste es – wo irgend möglich – zumindest einen Raum geben, der frei von Tabakrauch ist“. Das war vor mehr als 50 Jahren!
Das Komitee hatte kaum Spuren hinterlassen. Das einzige Konkrete, was wir damals erreichen konnten, war – wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht – dass die Berliner S-Bahn die Raucherabteile abschaffte. Aber das kam denen ohnehin entgegen, denn es trug natürlich zur Sauberkeit in den Zügen bei. Aber mehr konnten wir nicht erreichen. Das war – im Gegensatz zu heutigen Zeiten – sicher nicht auf die Lobbyarbeit der – ja „volkseigenen“ – Tabakindustrie zurückzuführen, sondern auf die ökonomischen Interessen anderer, nämlich des Finanzministers: Man konnte und wollte nicht auf die Tabaksteuer verzichten. Von Geschwulstforschern aufgestellte Berechnungen, dass die durch Lungenkrebs und andere Spätschäden des Rauchens verursachten Verluste die steuerlichen Einnahmen bei weitem überstiegen überzeugten die Staatsfunktionäre nicht.
Jedenfalls notierte ich Anfang 1964 in einem Lebenslauf – der vermutlich im Rahmen des Habilitationsverfahrens einzureichen war – ich sei [immer noch] Sekretär des Komitees „das zur Zeit allerdings nicht aktiv ist“.
US-Experten wiederbelebten die Diskussion
Zum Jahreswechsel 1963/64 veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation einen Untersuchungsbericht über die gesundheitsgefährdende Wirkung des Zigarettenrauchs. Die Krebsgesellschasft der USA beschloß daraufhin einen Maßnahmeplan zur Eindämmung des Rauchens.
Selbst in der DDR nahm man das von offizieller Stelle zur Kenntnis. Im Zengtralorgan der SED, dem Neuen Deutschland, erschien am 25. Januar 1964 ein entsprechender Bericht, basierend unter anderem auch auf Interviews, die mit meinem Chef Arnold Graffi und mit mir (als „Sekretär des Komitees zur Verhütung des Krebses“ geführt worden waren.

Und die vom Zentralvorstand der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft herausgegebene Illustrierte „Freie Welt“ veröffentlichte im März einen mehrseitigen, reich bebilderten Artikel über „Der Tod und das Stäbchen“ und machte damit eindrucksvoll sogar auf der Titelseite auf: Eine schöne junge Frau hat eine Zigarette im Mund; neben ihr steht der Knochenmann und gibt ihr Feuer...
Mitglieder des Komitees und ich wurden in dem Text ausführlich zitiert. Außerdem wurden wir zu einem Rundtischgespräch über das Thema eingeladen, in dem auch die zahlreichen Leserzuschriften behandelt werden sollten. Die Ergebnisse dieses Gesprächs wurden in einem weiteren Beitrag der FW im November ausführlich dokumentiert, zu dem aber leider kein Vertreter des Gesundheitsministeriums erschienen war. (In der Beantwortung eines Leserschreibens meinte der zuständige Leiter des „Sektor Gesunde Lebensführung“ des Ministeriums später, zum Zeitpunkt des Rundtischgespräches habe sich der zuständige Bearbeiter im Ausland befunden: Im gesamten Ministerium war also anscheinend nur ein einziger für die Krebsprophylaxe zuständig!)
Erst als die Redaktion der FW am Schluß ihres zweiten Beitrages das Gesundheitsministerium explizit zur Stellungnahme aufforderte, reagierte das, brauchte dafür aber vier Monate. Die Erklärung des Ministeriums wurde dann in einer „3. Runde im Stäbchenkrieg“ zusammen mit Kommentaren mehrerer Experten abgedruckt, unter anderem auch mit einer Stellungnahme von mir. Alle Kommentatoren fanden die ministerielle Äußerung hinsichtlich notwendiger Maßnahmen viel zu unkonkret.
In den beiden vorangegangenen FW-Beiträgen hatte beispielsweise der Frage der Tabak-Deputate eine dominierende Rolle gespielt: Es könne doch nicht angehen, dass an die Beschäftigten in der Tabakindustrie unabhängig davon, ob es sich um Raucher handelt oder nicht, gesundheitsschädliche Produkte verteilt werden. Schon unser Komitee hatte ein paar Jahre vorher vergeblich versucht, wenigstens diese Deputatabgaben an Jugendliche zu verhindern. Die gleichen Argumente von damals wurden während der Podiumsdiskussion vom Produktionsleiter des VEB Dresdner Zigarettenfabriken sowie vom zuständigen Vertreter des Finanzministeriums gegeben: Deputate wurden eingeführt, um zu verhindern, „dass sich die Arbeiter selbst bedienten“. Inzwischen seien sie Gegenstand der Tarifvereinbarungen und deshalb können sie nicht ohne erhebliche Anstrengungen wieder abgesetzt werden. Fast verständlich, dass das Ministerium dieses Problem unter den Tisch fallen ließ.
Ich schlug in diesem Zusammenhang vor, dass – [wieder einmal!] – „ein Gremium ins Leben gerufen werden sollte (evtl. auf den Trümmern des an mangelnder Unterstützung zugrunde gegangenen Komitees zur Verhütung des Krebses), das geeignete Vorschläge sammelt, prüft und gegebenenfalls für ihre Verwirklichung sorgt“. Das war gleichzeitig die schwarz auf weiß gegebene Todeserklärung unseres mit so viel Enthusiasmus und Hoffnung gegründeten Komitees.
Zur Bildung des vorgeschlagenen neuen Gremiums ist es nicht gekommen – nicht zuletzt wohl auch aus ähnlichen Gründen, die mich selbst veranlassten, auf diesem Gebiet Wasser zu predigen und selbst Wein zu trinken. Ich unternahm zwar mehrere Versuche, mir das Rauchen wieder abzugewöhnen. Anfang der siebziger Jahre schaffte ich es sogar fast ein Jahr lang ohne Zigaretten auszukommen, aber ich wurde dann doch immer wieder rückfällig. Mein Chef Arnold Graffi und mein Kollege Heinz Bielka versuchten es damals auch immer wieder; Graffi schnitt die Zigaretten eine Zeitlang in der Mitte durch, um dadurch wenigstens die Zahl der täglich gerauchten zu reduzieren.
Erst im Sommer 1978 schaffte ich es, von heute auf morgen endgültig mit dieser tödlichen Unsitte aufzuhören und täglich ein bis zwei 20er Packungen zu rauchen. Erstens wollte ich für meine Kinder kein schlechtes Vorbild sein, und zweitens wollte ich eine Phase erfahrungsgemäß besonders hohen Zigarettenverbrauchs verhindern. Auf Tagungen und bei ähnlichen Anlässen pflegte ich besonders intensiv zu paffen. Und Mitte 1978 standen drei große internationale Kongresse bevor – Genetik in Moskau, Philosophie in Düsseldorf und Virologie in Den Haag.
Endlich war ich erfolgreich und bin inzwischen fast ein halben Jahrhundert völlig rauchfrei, frei auch von Nebenstromrauch, denn Frau, Kinder und Enkel sind alle Nichtraucher. Aber ich litt damals zunächst, etwa zwei Wochen lang, an regelrechten Entziehungserscheinungen, hatte ein Vierteljahr lang Behinderungen beim geistigen Arbeiten, und war etwa zwei Jahre lang jeweils in größter Versuchung, wieder umzufallen, wenn man in fröhlicher Runde dem Alkohol zusprach und andere womöglich dabei rauchten.
Mit Betroffenheit erlebe ich – als Konvertit dafür natürlich besonders sensibilisiert – wie unvollkommen noch heute die wichtigste, eindeutig identifizierte Krebsursache bekämpft, wie wenig die dafür besonders anfällige Jugend davor bewahrt wird, wohl vor allem dank des Einflusses der nach wie vor übermächtigen Tabaklobby. Umso erleichterter war ich deshalb, als Anfang 2009 bekannt wurde, dass der Zigarettenhersteller Philip Morris vom Obersten Gerichtshof der USA 155 Millionen Dollar Strafe zahlen muss, weil eine Raucher-Witwe dagegen geklagt hatte, dass der Marlboro-Hersteller jahrzehntelang die Menschen Glauben gemacht hatte, dass Zigaretten weder gefährlich seien noch abhängig machten. Vielleicht hat so ein Gerichtsentscheid mäßigenden Einfluß auf die Tabaklobby und sensibilisierenden auf unsere Politiker.
Nach fast 70 Jahren – fast dreieinhalb Jahrzehnte nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik – ist unser Komitee völlig vergessen. Nicht einmal in einem ausführlichen Nachruf von Knut-Olaf Haustein, dem Gründungsdirektor des „Fritz-Lickint-Institut für Nikotinforschung und Raucherentwöhnung“ in Erfurt, findet das Komitee eine Erwähnung – obwohl Haustein kein „Wessi“ war sondern von 1984 bis 1993 – dem Jahr der Schließung der Einrichtung – Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie. Auch bei Wikipedia gibt es keinen Hinweis.